Bibbeleskaes by Brigitte Glaser

Bibbeleskaes by Brigitte Glaser

Autor:Brigitte Glaser [Glaser, Brigitte]
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 9783863582623
Google: XcyjAQAAQBAJ
Herausgeber: Emons Verlag
veröffentlicht: 2013-11-14T23:00:00+00:00


DREIZEHN

Plötzlich schmerzte das Rauschen des Baches in meinen Ohren, und ich roch diese mit Feuchtigkeit vollgesogene Nachtluft. Ich schniefte, weil mir Rotz aus der Nase lief. Ich kniete im nassen Ufergras, hielt die Augen geschlossen und dachte an Déjà-vu, an Fata Morgana, an Irrlichter und optische Täuschungen.

Aber als ich die Augen wieder öffnete, lag der Körper immer noch im Wasser. Felix, eindeutig, in diesem grauen Hemd hatte er sich von mir verabschiedet. Genau wie Murnier lag er auf dem Bauch und mit dem Kopf im Wasser. Da das Wasser des Fautenbachs allerdings tiefer war als das des Aubachs, lag der Kopf ganz unter Wasser. Im Schein des Vollmondes konnte ich erkennen, dass er weder ein Loch im Kopf noch ein Messer im Rücken hatte. War er überhaupt tot?

Ich rutschte bis an den Rand der Böschung, griff nach seinen Armen, die vor dem Kopf lagen, als hätte er versucht, sich im Wasser aufzustützen, und zog daran, bis ich neben den Armen den Kopf auf der Böschung ablegen konnte. Dann ging ich in die Hocke, suchte auf dem rutschigen Boden einen halbwegs festen Stand, verscheuchte den Schwindel in meinem Kopf, griff nach der Schulter und drehte Felix um. Er röchelte nicht, spuckte kein Wasser, begann nicht, abgehackt zu atmen. Da waren keine Lebensgeister, die zurückkehrten, da waren nur zwei geschlossene Augen und ein leicht geöffneter Mund. An beiden Wangen klebten nasse Haarsträhnen und direkt unter der Nase ein paar Grashalme. Ich wollte sie entfernen, weil mich das Gesicht so an eine Vogelscheuche erinnerte, ließ es dann aber bleiben und suchte an den Handgelenken vergeblich nach einem Pulsschlag. Ich erinnerte mich an den Trick mit dem Spiegel und hielt Felix meinen kleinen Taschenspiegel vor den Mund. Als ich ihn kontrollierte, zeigte sich darauf nicht die Spur eines Atems. Felix war tot. Aber auch tot und aus dem Wasser gezogen roch Felix noch nach Roth-Händle.

Als es wieder zu regnen begann, zog ich mich an Grasbüscheln die kleine Steigung zur Brücke hoch und lief in Richtung Auto. Der Mais rauschte und raschelte, triefend vor Nässe bogen sich seine länglichen Blätter nach unten, die Büsche und Bäume oben auf dem Schutzwall des Rückhaltebeckens bildeten eine schwarze undurchdringliche Wand. Ich lief in die entgegengesetzte Richtung, ins Dunkle hinein, mir leuchtete von nirgendwo ein Lichtlein her, die Ölmühle und Rosas Haus am Ende des Dorfes konnte ich nur erahnen.

Die Umrisse meines Autos wurden erst sichtbar, als ich direkt vor ihm stand. Es hing mit den Hinterreifen auf dem Schotterweg, die Schnauze hatte sich in das Maisfeld gebohrt, die Fahrertür stand offen. Ich klemmte mich hinters Steuer, die Vorderräder drehten durch, ich kam nicht vor und nicht zurück. Ich stieg aus, die Allstars bohrten sich in den feuchten Boden. Jetzt muss ich sie wegwerfen, dachte ich, als ob das von Belang wäre. Ich holte zwei von Marthas Kuchenblechen aus dem Kofferraum, klemmte sie umgekehrt unter die Vorderreifen und versuchte es erneut. Ich brachte den Wagen tatsächlich auf den Schotterweg zurück, sammelte die Bleche, beziehungsweise das, was von ihnen übrig geblieben war, wieder ein und pfefferte sie zurück in den Kofferraum.



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